Wer kennt die Diskussion nicht: gerade bei Regatten oder nach dem Segeln am Strand werden gerne die Vor- und Nachteile der anwesenden Boote verglichen. Das gewichtigste Argument neben der Geschwindigkeit ist hier meist die Tauglichkeit sowohl als Einmann- als auch als Zweimannboot. Will man beispielsweise unter der Woche spontan segeln gehen, am Wochenende aber auf jeden Fall mit der Frau/Freundin an der Vorschot oder auch mal am Steuer über das Wasser schießen, das Ganze aber immer mit einer modernen Takelung, also mit Spi, dann wird die Auswahl gleich dünn bei der Suche nach dem perfekten Boot.
Hellhörig sollte man dann immer werden, wenn der Begriff „F16“ fällt, denkt man doch natürlich zunächst einmal an F18, also diese schnittigen Katamarane, die aber wegen der oben genannten Anforderungen und nicht zuletzt wegen des Crewgewichts von mindestens 150kg (Standardrigg) leider oft nicht für das Regattasegeln in Frage kommen. Ein Crewgewicht von 110kg – 140kg ist für die F16 Klasse in der Regatta optimal, wobei es keine untere Schranke in den Klassenregeln gibt. Für sportliche Freizeitsegler sind diese Grenzen eher nebensächlich. Die Kombination Vater-Kind fühlt sich dadurch ebenso angesprochen wie sportliche Mixed- und Jugendteams. Ein Solosegler lässt die Fock weg und kann ab 70kg Körpergewicht das Boot alleine in allen Windbereichen beherrschen, hierfür sind die ausgereiften und modernen Trimmeinrichtungen verantwortlich mit denen man in der Lage ist immer genügend Druck aus dem Boot zu nehmen. Ein Aufstellen nach einer Kenterung gelingt mit etwas Windunterstützung in der Regel auf Anhieb.
Grund genug sich einmal mit dieser noch recht jungen Bootsklasse zu beschäftigen, die 2001 gegründet wurde und in Australien und den USA ihren Aufstieg begann. Zuerst einmal einige Fakten:
Länge: | 5.0m | |
Breite: | 2.5m | |
Gewicht (Minimum): | Solo: | 104kg |
2-Mann: | 107kg | |
Besegelung: | Groß: | 15qm |
Fock: | 3,7qm | |
Gennaker: | 17,5qm |
Als Konstruktionsklasse (Formula-Klasse) ausgelegt, haben sich mittlerweile einige auch namhafte Hersteller dem Konzept Formula16 angenommen, so dass aktuell sieben konkurrenzfähige Modelle am Markt verfügbar sind:
Werft | Name | Herkunftsland |
Falcon Marine LLC | Falcon F16 | USA/Florida |
Bimare | X16F | Italien |
Nacra | Nacfra F16 | Niederlande |
Catamaranparts | Raptor F16 | Niederlande |
Goodall Desing (ehem. AHPC) | Viper | Australien |
Boulogne Conception Marine, BCM | Cirrus Q | Frankreich |
Duma Catamarans | Duma F16 | Großbritannien |
Auf dem Gebrauchtbootmarkt sind noch die Modelle Taipan 4.9 von AHPC und Blade F16 von Vectorworks zu erwähnen, beide werden mittlerweile nicht mehr gebaut, sind aber für den Einstieg in die Klasse durchaus geeignet.
Fast alle genannten Hersteller haben auch ein Formula18 Modell im Programm und können somit auf Ihre Erfahrungen und Produktionsprozesse zurückgreifen. Dies resultiert nach dem Baukastenprinzip oft in einer hohen Ähnlichkeit mit dem „großen Bruder“, werden dadurch aber überdimensionierte Bauteile wie Beams oder Mastprofile verwendet, führt dies allerdings zu einer gewissen Streuung beim Bootsgewicht unter den einzelnen Modellen. Nur das italienische Vollkarbon-Modell schafft es derzeit von Werk aus sich auf das Mindestgewicht zu beschränken, ein ordentlicher Unterschied zu den 180kg eines F18. Alle Modelle sind somit auf dem Wasser wie auf dem Land agil zu bewegen.
Steht man vor einem F16 Katamaran, wird man zunächst erstaunt sein. Insbesondere wenn man von der klassischen Vorstellung eines 16-Fuß Boots ausgeht, wird einem ein F16 groß vorkommen. Dies liegt zum einem am Verhältnis von Länge zu Breite welches mit 2:1 identisch ist mit dem eines Tornados, es tragen maßgeblich aber auch die auffallend breiten Rümpfe bei, die dem großvolumigen Konzept der F18 folgen. Bei einigen Modellen führte das zu 80cm breiten und unten gerade abgeflachten Rumpfprofilen die dem Katamaran bereits wieder Gleiteigenschaften bescheren. Das große Volumen verleiht dabei zusammen mit dem Wavepiercer-Bug bemerkenswerte Eigenschaften in der Welle und reduziert die Gefahr von Steckern, das Segeln unter Gennaker wird somit auf ein ganz neues Niveau gehoben. Nach kurzer Zeit vergisst man die 16-Fuß-Klischees, bei den amerikanischen F16-Seglern hat sich hierfür der Spruch „size doesn’t matter“ etabliert.
Die Unterschiede in Gewicht und Rumpfform, beides korreliert natürlich, sind neben dem persönlichen ästhetischen Empfinden dann auch die Hauptkriterien wenn man sich für ein F16 Boot interessiert und vor dem Problem der Modellwahl steht. Wird man vorwiegend auf den Leichtwindrevieren im Süden seinem Lieblingssport nachgehen, empfehlen sich die leichten Modelle, nennt man die Nordsee sein Heimatrevier, verzichtet man evtl. auf einen etwas fragileren Carbonmast und entscheidet sich für maximales Rumpfvolumen. In einer Regattaserie mitteln sich der Erfahrung nach dann die spezifischen Vor- und Nachteile mit den wechselnden Bedingungen heraus.
Der Gebrauchtmarkt ist in Deutschland aktuell recht überschaubar, kam hier das erste F16 Boot ja erst 2010 auf die Regattabahn. Dies wird sich in absehbarer Zeit sicher ändern, es ist bereits eine deutliche Zunahme der Ein- und Zweijahresboote im Preissegment um €15.000 zu verzeichnen.
Die Segler die sich in Deutschland bereits für einen F16 Katamaran entschieden haben sind bereits in einer nationalen Klassenvereinigung gut organisiert und mit den europäischen und transatlantischen Segelkollegen vernetzt. So finden bereits seit 5 Jahren jährlich Europameisterschaften statt, dieses Jahr wird La Touqet der Austragungsort sein während zeitlich knapp versetzt die WM in Newport/USA gesegelt wird. In 2013 schaffte es die Deutsche Formula16 Klassenvereinigung die WM in die Travemünder Woche zu integrieren und das F16-Boot dem nationalen (Katamaran-)Segelsport näher zu bringen. Bestens geeignet als Vorbereitung für den anspruchsvollen olympischen Nacra17 ist es zudem das optimale Jugendboot und wird wohl über lang oder kurz in den Vereinen die 16-Fuß Katamarane ablösen. Die Performance der Boote liegt sehr nah an der der F18 Boote, so dass eine gemeinsame Regattabahn beiden Klassen zum Vorteil dienen kann was im Süden Deutschlands bereits erfolgreich praktiziert wird und darüber hinaus als Vorbereitung für den Wechsel junger und leichter Mannschaften in die 2 Fuß größere Klasse gesehen werden kann.
Wer jetzt noch nicht sicher ist um was es geht schaut sich einfach dieses Video von der WM in Travemünde an:
http://www.youtube.com/watch?v=QNyP06jkO4c
Marc Kühn
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